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Schluckspecht.

Medikamente einzunehmen ist einfach: Mund auf, Medis rein, schlucken. Aber man kann dabei erstaunlich viel falsch machen. Oder zumindest nicht optimal vorgehen. Das gilt oft dann, wenn Aua-Leute vermeintlich selbstverantwortlich handelt.

Svenskt dryckeslag med kåsor. Efter Olaus Magnus Historia de gentibus septentrionalibus. 1555. Gemeinfrei.

Svenskt dryckeslag med kåsor. Efter Olaus Magnus Historia de gentibus septentrionalibus. 1555. Gemeinfrei.

Die wichtigste Regel zuerst: Die Ärzte haben immer recht. Jedenfalls fast immer; denn wenn man als Schmerzensmensch nicht sagt, was man neben den verschriebenen Medikamenten noch so einnimmt können Mediziner_innen nicht vernünftig arbeiten und kommen schon mal auf komische Ideen.

Beispiel: Wenn man, wie (früher) von manchen Gesundheitsorganisationen vorgeschlagen, täglich ein Aspirin zur Prävention von Herz/Kreislauf-Erkrankungen einnimmt mag einem das nicht weiters der Rede wert sein – stand ja mal im «Blick» oder in einem Bulletin der WHO, das passt schon. Aber Acetylsalicylsäure ist zum Beispiel kontraindiziert bei Gicht, kann Schübe sogar auslösen. Wissen die Behandelnden nichts von eurem Aspirinkonsum fantasieren sie schnell mal etwaige Nebenerkrankungen daher, die euch ständig mit dicken Gelenken in die Praxis schicken. Ergebnis: Zusätzliche, oft unangenehme Untersuchungen die auch dick ins Geld gehen können. Muss nicht sein.

Im idealen Märchenland sind Ärzt_innen diejenigen, die einen Überblick darüber haben, welche Medikamentenkombination man so zu sich nehmen sollte. «Ideales Märchenland» deshalb, weil Patient_innen immer wieder vergessen, weitere rezeptfreie Präparate zu nennen, die sich in Griffnähe des Morgenkaffees befinden. Sei es wegen eines Versäumnisses («Oh, das hatte ich ganz vergessen!») oder weil es ihnen peinlich ist («Nun ja, ja, die kleinen blauen Pillen, hust, nun ja, ja, manchmal, aber nur ganz ganz selten, meine Frau ist ja auch nicht mehr die Jüngste!»)

Hier muss absolute Offenheit herrschen! Weniger wegen etwaigen Wechselwirkungen, sondern weil man sich diagnostisch gegebenenfalls mehr zumutet, als nötig wäre. Es geht hier also auch um Selbstschutz.

Weiteres Beispiel abseits von Birkenrindenextrakten und rekreativen Steifmachern: Man bekommt zwar Protonenpumpenhemmer gegen Sodbrennen frei in der Apotheke, aber wer sie nur dann nimmt, wenn die Magensäure bereits zwickt, hat das Prinzip nicht verstanden. Die Mittel sollen quasi-präventiv wirken, nicht erst dann, wenn einem der Mageninhalt bis zur Halskrause steht. Manche Ärzte verschreiben Pantoprazol oder Omeprazol gleich als «Magenschutz» – nicht verkehrt, auch, weil er oder sie dann weiß, dass man das Zeugs einnimmt. Und entsprechend nachfragen kann, wenn Patient_innen dennoch über häufiges Sodbrennen klagen. Wieder: Bevor Magenspiegelung oder gar Biopsien automatisch auf dem Diagnosespiegel aufploppen.

Dann ist da die Sache mit dem Einnahmezeitpunkt der Medikamente. Apotheker_innen versteifen sich da (zu) oft auf die maximale Tagesdosis und sagen dann meist noch lapidar: «Nicht auf leeren Magen.» Das trifft auf die meisten Schmerzmittel zu, aber nicht auf die Medikamente, die gegen etwaige Nebenwirkungen der Schmerzmittel wie eben starkes Sodbrennen oder erhöhten Blutdruck vorgehen sollen. Denn die brauchen Vorlaufzeit, gehören also meistens vor den morgendlichen Kaffee, egal, ob der koffeinfrei ist oder nicht.

Dieser Artikel ist ein Plädoyer: Redet mit euren Ärztinnen! Seid offen! Wenn ihr jeden Abend eine Flasche Rotwein kippt mag es euch peinlich sein, das dem netten Herrn Doktor gegenüber zuzugeben. Aber wenn der dann wegen eurer Leiden ein Blutbild macht und sich wundert, was die Leberwerte so treiben, wird’s schnell unangenehmer als wenn er hätte einschätzen können, wie denn der Alkohol in die Laborergebnisse reinspielt.

Das Arztgeheimnis gibt’s nicht ohne Grund und ist nur in zweiter Linie zum Schutz des Medizinpersonals gedacht: Eigentlich geht’s um euch. Also nutzt es.